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Mein Baby lässt sich nicht ablegen – Babytragen

Meine Tochter lässt sich nicht ablegen, keine Chance. Ich war so glücklich, als sie die ersten Male endlich auf meinem Arm eingeschlafen war (und nicht an der Brust) und ich sie endlich in ihren Stubenwagen legen konnte... für genau fünf Minuten „Neeeeeeehhhhh!!"

Die Wäscheberge stapelten sich, die Stoffwindeln wollten gefaltet werden, die Küche sah aus wie ein Lost Place für Geschirr, aber das war unserer Tochter egal, sie wollte nur bei Mama auf dem Arm oder an der Brust schlafen.

Bloß kein Kinderwagen!

Für meinen Mann war klar, er will das Baby tragen. Kinderwagen war ihm zu weit weg, zu wenig Körperkontakt. Deshalb haben wir uns auch keinen Kinderwagen gekauft. Und nicht nur mein Mann kuschelt unglaublich gerne, auch Babys sind dafür gemacht.

Wenn man einen Blick in die Biologie von Babys und Jungtieren wirft, dann stellt man fest, dass diese unterschiedlich reif geboren werden und unterschiedliche Dinge benötigen, um sich sicher und geborgen zu fühlen. Man unterscheidet dabei drei Arten von Jungtieren: Nesthocker, Nestflüchter und Traglinge:

Nesthocker

Nesthocker werden größtenteils reif geboren, brauchen aber noch etwas, um vollständig unabhängig zu sein. Sie fühlen sich im Nest am sichersten und suchen bei Gefahr dort Schutz, selbst wenn die Mutter unmittelbar in der Nähe ist. Sie bleiben stundenlang alleine im Nest

Nestflüchter

Werden vollkommen reif geboren, können also sehen, hören und sich selbst um Nahrung kümmern. Dazu gehören beispielsweise Kälber. Wenn sie Gefahr wittern oder sich unsicher fühlen, suchen sie die Nähe der Mutter.

Traglinge

Traglinge sind Jungtiere, die von der Mutter herumgetragen werden und die sich nur bei unmittelbarem Körperkontakt wirklich sicher und geborgen fühlen. Im Gegensatz zu den Nestflüchtern können sie nämlich nicht der Mutter folgen, sondern sind darauf angewiesen, dass diese sie bei Gefahr holt. Der Begriff wurde erst in den 70er Jahren geprägt.

Menschen sind Traglinge. Sie fühlen nur bei Mama oder Papa am Körper unerschütterliche Geborgenheit und Liebe. Wir dürfen es unseren Babys also nicht übel nehmen, dass sie nicht im Stubenwagen oder im Babybettchen bleiben wollen. Eine Lösung ist das Tragen, in den Armen, im Tragetuch oder in der Trage. Für meinen Mann und mich war daher bereits vor der Geburt glockenklar: Wir wollen tragen!

Was nun das Tragen angeht – hier gibt es einen Dschungel an Möglichkeiten:

Tragetücher

  • elastisches Babytragetuch
  • gewebtes Tragetuch
  • Ringsling
  • Mei Tai

Babytragen

  • Fullbuckle Trage
  • Half-Buckle Trage
  • Hybride Tragen

Tragefrust

Mit dieser Auswahl war ich schier überfordert. Also habe ich mir erst ein elastisches Tragetuch gekauft und mir von der Hebamme zeigen lassen, wie es gebunden wird. Aber da kam ich schon bald an meine Grenzen, denn das Köpfchen meiner Tochter fiel immer raus, wenn ich mich gebückt habe. Also habe ich mir ein gewebtes Tragetuch gekauft, aber auch da – egal wie oft ich nachgespannt oder neu gebunden habe, am Ende war es immer dasselbe – Frust.

Für so etwas gibt es zum Glück gute Feen: TrageberaterInnen. Meine Trageberaterin war Anja und sie hat mir innerhalb von zwei Stunden genau mit meinem Problemen helfen können und vor allem: Sie hat mir den Stress rausgenommen und mir erklärt, dass es normal ist, dass es Tage gibt, „an denen man das Tuch am liebsten in die Ecke schmeißen möchte“. Anja ist selber Mama und durch ihre Kinder zum Tragen gekommen.

Trageberatung – Hi ich bin Anja

Anja Odenwald ist Trageberaterin in Eichenzell

Wenn man mich vor der Geburt unsere Großen gefragt hätte: „Hast Du schon ein Tragetuch oder eine Tragehilfe für Dein Baby?“ Hätte ich geantwortet: „Für was denn? Wir haben doch einen Kinderwagen, mehr brauchen wir nicht.“

Und dann war sie da. So klein und hilflos und doch so willensstark und fordernd, wenn es um Körpernähe und Geborgenheit ging. Ich kann mich nur noch vage an die erste Zeit ohne unser Tragetuch erinnern.
Irgendwann gegen Ende des Wochenbetts habe ich meine Hebamme angesprochen, was gegen die ständige Unruhe und das Weinen bei meiner Tochter helfen könnte. Auf dem Arm war sie zwar zufrieden, aber ich wollte mir
doch auch mal was zu Essen machen oder auf Toilette gehen.

Endlich wieder mehr Freiheiten – Tragetuch

Kurze Zeit später lernten wir bei einer Trageberaterin den Umgang mit einem gewebten Tuch und ab da hatte ich ein sehr zufriedenes Kind und konnte diese wundervolle Babyzeit genießen.
Mir hat unser Tragetuch die Freiheit gegeben wieder am alltäglichen Leben teilzunehmen. Sei es nur mir morgens selbst mein Frühstück zu machen oder am Mittag mit Freundinnen eine Kaffee trinken zu gehen. Beim Salsakurs mit meinem Mann, an Sylvester oder auf dem 40. Geburtstag von Freunden, unsere Tochter war immer im Tragetuch dabei und hat die meiste Zeit einfach verschlafen.

Bei unserem zweiten Sonnenschein, habe ich tatsächlich ab dem ersten Tag getragen. Wir haben es geliebt in der Natur unterwegs zu sein, ohne uns Gedanken machen zu müssen, ob ein Weg kinderwagentauglich war und sind mehr als einmal ohne Kinderwagen/Buggy im Urlaub gewesen. Den Platz den man ohne Kinderwagen mehr im Kofferraum hat ist doch immens!

Vorteile vom Tragen

Heute weiß ich, das Tragen noch soviel mehr als Nähe, Geborgenheit und die Freiheit der eigenen Hände ist:

Worauf sollte man beim Tragen von Babys achten?

Gerade bei Neugeborenen sollte man darauf achten, dass die Tragehilfe / das Tragetuch wirklich gut an das Kind angepasst und rundum stützend „gebunden“ ist. Das schont die Bandscheiben deines Baby, fördert die Hüftnachreifung und stellt sicher, dass dein Baby genügend Luft bekommt.

Apropos Luft: Trage keine dicken Schals oder Stoffe, die sich vor Nase und Mund des Kindes schieben können. Achte darauf, dass Nase und Mund des Babys immer frei sind. Im Winter kannst du statt eines Schals beispielsweise einen abnehmbaren Rollkragen tragen.

Außerdem sollte das Kind in der sogenannten Anhock-Spreiz-Haltung sitzen. Die Knie sind dabei angehockt und etwa auf Höhe des Bauchnabels, während der Po tiefer sitzt. Die Beinchen bilden auf diese Art zusammen mit dem Po ein „M“.

Wenn du dein Baby für die Trage anziehst, dann vermeide Strampler mit Füßen oder Strumpfhosen. In der Trage und im Tuch verrutschen Hose und Strampler immer mal und dann kann es passieren, dass bei deinem Kind der Schreitreflex ausgelöst wird und das ist auf Dauer sehr unangenehm. Zieh deinem Kind deshalb immer eine Hose und Socken an oder eine Strumpfhose, die mindestens eine, besser zwei Nummern größer ist.

Ob du lieber ein Tragetuch oder eine Tragehilfe nutzt, ist dabei ganz dir überlassen. Das gewebte Tragetuch hat den entscheidenden Vorteil, dass es über die gesamte Tragezeit genutzt werden kann, während eine Tragehilfe meist um den 1. Geburtstag zu klein wird. Natürlich kommt es dabei immer darauf an, wie lange du Dein Kind wirklich tragen möchtest.

Eine Mutter hat ihr Kind in der Trage und steht auf einer Hängebrücke

Die meisten Eltern die zu mir in die Beratung kommen, möchten gerne die Zeit abdecken, bis das Kind selbständig laufen kann. Danach kann das Tragen aber eine tolle Entlastung sein, wenn die Kinderfüße mal müde werden und eine Pause brauchen. Prinzipiell kann man so lange Tragen wie es für Eltern und Kind passt. Ich selbst habe das Tragetuch bis zum 4. Lebensjahr meiner zweiten Tochter genutzt.

Du möchtest mehr über das Tragen erfahren, verschiedene Tragesystem ausprobieren oder bist Dir unsicher
im Handling mit einer vorhandenen Tragehilfe / Tragetuch? Dann melde Dich gerne bei mir. Ich bin Anja, Mama von zwei getragenen Mädchen, die inzwischen 11 & 13 Jahr alt sind. Gemeinsam finden wir eure perfekte Lösung für eine rundum schönen und entspannte Tragezeit.

FAQs zum Baby Tragen

Was in der Trage anziehen? - Im Winter

Anja hat oben sehr viele tolle Tipps zum Babytragen gegeben. Ein paar Tipps, die ich aus meiner eigenen Trageerfahrung mitgenommen habe, möchte ich noch mit dir teilen. Meine Tochter ist im Sommer geboren, meine Trage-Hochzeit war aber vor allem in der kälteren Jahreszeit, einfach deshalb, weil meine Tochter den Kinderwagen gehasst hat. Da habe ich mir immer überlegt, was ich ihr anziehe.

Grundsätzlich musst du dir überlegen, ob du dein Kind über oder unter der Jacke tragen willst. Allgemein wird empfohlen, Babys unter einem Jahr unter der Jacke zu tragen, weil sie ihre Körpertemperatur noch nicht so gut regulieren können. Es kommt natürlich auch immer darauf an, wie leicht dein Baby friert. Am besten arbeitest du nach dem Zwiebel-Schicht-Prinzip. So kannst du deinem Kind bei Bedarf einfach eine Schicht nach der anderen ausziehen, falls es zu warm ist.

Unter der Jacke

Wenn du dein Kind unter der Jacke trägst, zum Beispiel unter einer Tragejacke oder mit einem Kumja-Einsatz, dann ziehst du es genauso an, wie du es zu Hause im Haus anziehen würdest. So zumindest die Grundregel. Ich persönlich habe meine Tochter immer noch mal ein kleines bisschen wärmer angezogen, weil sie sehr leicht gefroren hat. Meine Tochter hatte im Winter unter der Jacke folgendes an:

  • Langarm-Body (am besten aus Wolle-Seide)
  • Wollhose
  • Dünner Wollpulli
  • Socken
  • Mütze

Über der Jacke

Ich habe meine Tochter aber auch ab und zu über bzw. ohne Jacke getragen, beispielsweise wenn ich beim Buggy-fit war und in der dicken Daunenjacke sehr geschwitzt habe.

  • Langarm-Body (am besten aus Wolle-Seide)
  • Wollleggins
  • Wollhose
  • Wollpulli
  • Socken
  • Beinstulpen
  • Mütze
  • Tragecover aus Wollwalk

Ich hatte keinen Wollwalk-Overall, wie viele andere Mamas, weil ich meine Tochter nur in Ausnahmefällen über der Jacke getragen habe und ihn sonst nicht gebraucht hätte. Mit so einem Overall hätte ich die Schichten aber etwas reduziert:

  • Langarm-Body (am besten aus Wolle-Seide)
  • Wollhose
  • Dünner Wollpulli
  • Socken
  • Mütze
  • Woll-Walk-Overall

Was in der Trage anziehen? - Im Sommer

Im Sommer zu tragen, war für meinen Mann und mich sehr anstrengend – jeder Schritt von Schweißtropfen begleitet. Das Kind haben wir dabei eingepackt, als würden wir auf eine Arktis-Expedition wollen – Body, Hose, Pulli und sogar Socken (bei sengenden 30°C). Typischer Ersti-Mama-Fehler würde ich meinen *lach* Die Idee dahinter war, die zarte Haut meiner Tochter vor den Sonnenstrahlen zu schützen. Aber mein Mann hat sich nach 10 Minuten die Trage vom Körper gerissen und unsere Tochter lieber auf dem Arm getragen.

Beim nächsten Mal haben wir ihr dann einen Wolle-Seide-Kurzarmbody angezogen und nur noch eine ganz dünne Hose aus Musselin, damit der Steg der Trage bzw. das Tragetuch nicht in die Kniekehlen schneidet. Mein Mann hat dann einfach einen Sonnenschirm dazu genutzt. Wir sind hier tatsächlich vom Tragetuch auf eine Halfbuckle-Trage umgestiegen, die aus einem Tragetuchstoff aus Leinen gemacht war. So war nur eine Schicht am Kind. 3-lagige Bindeweisen sollte man bei sehr heißen Temperaturen tatsächlich vermeiden.


Für meinen Mann und mich war von Anfang an klar, dass wir tragen wollen und unsere Tochter hat uns darin bestärkt, indem sie den Kinderwagen so strikt abgelehnt hat, wie eine Katze das Wasser. Wir lieben es zu tragen, trotz Startschwierigkeiten und unsere Tochter liebt es auch. Sie ist damit überall dabei und ganz eng bei Mami und Papa.

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